Freitag, 18. Dezember 2009

Trauriges und Lustiges

Letzten Samstag ist ein Arbeitskollege von mir gestorben. Er war mit zwei von den deutschen Freiwilligen in Ankavandra - das ist westlich von Tana und eine verdammt heisse Gegend - um die Landepiste auszubessern. Nach der Arbeit ist er auf dem Rückweg zusammengebrochen und kurz darauf gestorben. Die Todesursache ist nicht bekannt, aber anscheinend litt er schon länger an zu hohem Blutdruck (und da er nicht gerne zum Arzt ging, hat er auch keine Medikamente dagegen genommen). Vielleicht waren die schwere Arbeit und Hitze einfach zu viel. Er war noch ziemlich jung, nur 46 Jahre alt ist er geworden. Er hinterlässt eine Frau und zwei junge Töchter.
Wenn hier in Madagaskar eine Person stirbt, wird sie zu Hause aufgebahrt. Die Freunde, Bekannten und Verwandten gehen dann dorthin, um zu kondolieren. Das haben wir von der MAF am Sonntag Abend gemacht.
Am Montag war die Beerdigung. Zuerst waren wir bei der Familie zu Hause, um den Leichnam abzuholen. Zusammen fuhren wir dann zu ihrer Kirche, welche ganz in der Nähe ist. Nach dem Gottesdienst ging es weiter aufs Land, wo sich das Familiengrab befindet. Das Grab ist eigentlich eine Gruft: die Leute hier werden also nicht wie bei uns im Sarg begraben, sondern in ein Tuch gewickelt in die Gruft zu ihren Vorfahren gelegt. Dabei ist es so, dass ein Mann immer seinem Vater und eine Frau ihrem Ehemann folgt. Kinder oder unverheiratete Frauen werden zu ihren Eltern gelegt (respektive Grosseltern, wenn die Eltern noch leben).

Nun aber zu etwas Lustigem. Lydie hat einmal eine Geschichte erzählt. Ich weiss nicht, ob sie sich wirklich so zugetragen hat, aber hier ist sie:
Ein vazaha und ein Madagasse sind in einem Restaurant. Der vazaha hat als Vorspeise einen schönen Salat bestellt und der Madagasse isst Reis mit Fleisch. Wie es so ist hier in Madagaskar, kriegt man nicht nur Fleisch, sondern auch Knochen. Diese werden dann natürlich - bis auf die Knochen sozusagen *schenkelklopf* - abgenagt. Als der vazaha sieht, wie der Madagasse seinen Knochen bearbeitet , sagt er (ich stelle mir vor mit einer gewissen Geringschätzung):
"Bei uns geben wir solche Knochen den Hunden. Was essen denn die Hunde hier in Madagaskar?"
Meint der Madagasse nur: "Salat".
Ich habe die Geschichte einem Arbeitskollegen erzählt. Der konnte nicht mehr vor Lachen. Darum habe ich mir gedacht, schreib ich die in den Blog.

Letzten Samstag habe ich Lydie und Benja zum Chinesen eingeladen - Lolona konnte leider nicht... Die Frauen arbeiten immer so hart, so habe ich mir gesagt, gehst du mit ihnen ins Restaurant, dann müssen sie für einmal nichts machen (sie hatten ja beide Geburtstag). Was mich verwundert hat: für Lydie war es das erste mal in ihrem Leben, dass sie in einem Restaurant essen war. Schon krass wenn man denkt, dass sich in Europa 16jährige eine Woche Strandurlaub leisten können und hier eine 22jährige noch nie in ihrem Leben auswärts essen war.

Ich lese ja immer, wenn es die Zeit erlaubt, die Freiburger Nachrichten - die kann man als PDF herunterladen. Diese Woche habe ich Werbung von der Migros gesehen - "Preiskracher: Mango für CHF 1.90 pro Stück". Da musste ich schon schmunzeln, als ich daran dachte, dass hier die Mango zwischen 5 und 20 Rappen das Stück kostet.

Diese Woche hat nach langem Hin und Her mein Nachfolger Urs den Weg nach Madagaskar gefunden. Am Tag vor dem Abflug musste er von Aarau nach Genf fahren, um sein Visum zu bekommen. Zu allem Überfluss hat er am Dienstag auch noch den Flug verpasst - respektive war das Check-In früher geschlossen, als auf dem Ticket stand. Aber nun ist er hier. Jetzt arbeite ich ihn ein, bevor ich dann schon bald nach Hause komme.

Bye

Matthias

Dienstag, 8. Dezember 2009

Noch mehr Feste

Letzten Freitag hatten wir eine gelungene Feier. Bis morgens um 2 haben wir gegessen, getrunken und Musik gehört. Für uns Madagassen ist das schon ziemlich spät, bedenkt man, dass wir sonst eher früh zu Bett gehen.


Wie ihr sicher gemerkt habt, habe ich mich gerade selbst als Madagasse bezeichnet. Das ist natürlich ein Witz. Aber viele Madagassen sagen mir, dass ich schon halb Madagasse bin. Das kommt wohl daher, wie ich lebe, mich anpasse und die Sprache lerne. Wenn ich sie auf die Hautfarbe anspreche, raten sie mir immer, mit etwas Kohle nachzuhelfen ;-)


Das Fest letzten Freitag war nur der Anfang: diese Woche hat Lolona Geburtstag, das Hochzeit von Lily ist (hoffentlich) im Dezember oder Anfang Januar, die Taufe von Mamiratra, Rotsy und Anjarasoa findet am 25. Dezember statt, Neujahr, mein Abschiedsfest, Weihnachtsfest bei der MAF, Jakobs Abschied... Fast mehr feiern als arbeiten in meinen letzten Wochen hier. Nicht dass ich etwas dagegen hätte natürlich.

Ein Bild von der anderen Seite der Stadt. Oben auf dem Hügel links sieht man das "Rova", den Königspalast. Heutzutage wohnt natürlich niemand mehr dort. Im Vordergrund Strom- und Telefonkabel, ein "Muss" auf jedem Foto aus der Stadt (gau Mänu ;-).

Hoffentlich langweilen euch die Fotos nicht. Aber da ich jetzt die meiste Zeit nur im Büro herumsitze, sind es halt hauptsächlich welche von zu Hause...

An Lily's Fest wurde draussen gekocht - dort hat es mehr Platz für die ganzen Töpfe.

Die Küche sieht so aus. Nicht gerade Schweizer Standard, doch das Essen ist trotzdem phänomenal.

Im Moment hat Pierrot Men eine Fotoausstellung in der Stadt. Dort werde ich im Verlaufe der nächsten Tage sicher mal vorbeischauen.

Ciao

Matthias

Mittwoch, 2. Dezember 2009

Nationalhymne

Am Montag Morgen musste ich schnell in die Garage der MAF fahren, um einige Sachen abzuholen. Die Garage befindet sich etwa 3km vom Flughafen entfernt. Auf dem Weg dorthin kommt man am Büro des Bürgermeisters vorbei - das ist etwa zu vergleichen mit der Gemeindeverwaltung in der Schweiz. Auf jeden Fall wurde ich von einem Mann mit Leuchtweste aufgefordert, anzuhalten. Zuerst war ich ein bisschen verblüfft, weil ich nicht wusste, was er genau wollte. Bis mich mein madagassischer Arbeitskollege drauf hingewiesen hat, dass jeden Montag Morgen die madagassische Flagge gehisst und die Nationalhymne gespielt wird. Und wirklich, der Verkehr stand still, weder Autos noch Leute durften einfach an dieser Zeremonie vorbeigehen. Ein Junge hat trotzdem versucht, mit seinem Fahrrad dem Aufpasser zu entwischen. Er wurde allerdings brutal vom Sattel gerissen und musste schlussendlich wie alle anderen warten. Ich fand die Zeremonie aber noch ganz schön (wenn man nicht in Eile ist...). Man sollte das in Düdingen auch einführen, finde ich. Den Stau am Morgen hat man ja sowieso schon, auch der Fahnenmasten steht, fehlt nur noch eine Stereoanlage.

Sascha bei seiner Abschiedsfeier.

Rotsy, der kleine Popstar.

Hiandrisa, welcher gerne und oft tanzt, sobald Musik läuft. Dabei nach dem Motto: Je völler, desto töller. Einmal ist er in einen Tisch getorkelt und ein Teller mit Reis ist zu Bruch gegangen. Einige Leute waren nicht erfreut.

Ramiandry, der ältere Bruder von Hiandrisa. Das sind zwei sehr nette Kerle.

Dieses Bild musste ich einfach zeigen, obwohl die zwei Ladies düster in die Runde blicken. Dafür sieht man die Ähnlichkeit der Schwestern. Links im Bild: Daddy Cool.

Lily mit ihrem zukünftigen Ehemann Jiry. Das hier ist noch nicht die Hochzeit, sondern nur die Feier vor zweieinhalb Wochen.

Domino spielen und dazu Fleisch vom Grill - was will man mehr? Das muss ich auch einführen, sobald ich wieder in der Schweiz bin. Aber Achtung! Ich werde immer besser. Gestern zum Beispiel habe ich Ramiandry und Hiandrisa zweimal geschlagen ;-)

Und noch zwei Bilder von der Zeremonie letzten Freitag. Jakob hat den Orden vom Vize-Premierminister überreicht bekommen. Schade kam der Präsident nicht persönlich, ich hätte mich wirklich köstlich amüsiert. Weil den mag bei uns wirklich niemand. Dieser Ritterorden ist übrigens der höchste Orden, der in Madagaskar verliehen wird. Und Jakob hat ihn sich ganz sicher verdient.



Diese Woche ist speziell, da am Donnerstag Lydie, am Freitag Play und am Samstag Vero Geburtstag haben. Am Freitag werden wir eine kleine Feier veranstalten, um auf dieses alljährliche Ereignis anzustossen.

Ich habe heute Morgen gerade einem Freund von mir geschrieben, dass ich die Zeit, die ich noch in Madagaskar bin, nicht mehr in Monaten, sondern in Wochen zählen muss. Scheisse, wie fliegt doch die Zeit.

In diesem Sinne: bis bald.

Matthias