Freitag, 5. Juni 2009

Das Leben hier in Madagaskar

Viele Leute scheint es zu interessieren, wie es mit der Armut, oder allgemein mit der Lebenssituation der Menschen hier in Madagaskar aussieht und wie ich damit umgehe. Also versuche ich mal darüber zu schreiben, obwohl es zum Teil schwierig ist, sich über dieses Thema auszudrücken. Weil das was ich sehe und mitbekomme und für mich interpretiere, muss sich ja nicht unbedingt mit dem decken, was diese Menschen tagtäglich fühlen und erleben. Fragen wie "Sind die Menschen glücklich in Madagaskar?" versuche ich also gar nicht erst zu beantworten.

Im Grossen und Ganzen sind die Leute schon recht arm und die politische Situation, die viele Touristen fernhält, verschlimmert natürlich alles noch. Müll durchsuchende und bettelnde Kinder und Erwachsene gehören zum Alltag, wobei ich das Gefühl habe, dass dies in kleineren Dörfern wie Ampasinambo weniger ein Problem ist. Ich denke, wenn dort ein Kind verwaist, hat es entweder genug Verwandte im Dorf, oder eine andere Familie nimmt sich seiner an. In der Stadt hingegen sind viele auf sich allein gestellt. Aber es ist wie gesagt schwierig abzuschätzen, ob ein Kind jetzt bettelt, weil es keine Eltern mehr hat, oder weil es von den Eltern dazu gezwungen wird.

Die Familien, die ein Zuhause, genug zu Essen und eine Arbeit haben, leben in für uns sehr bescheidenen Verhältnissen. Kein Strom, kein fliessendes Wasser, was soviel heisst wie: kochen mit Kohle, waschen am Brunnen und die Wäsche von Hand. Dies trifft sicherlich nicht auf alle Familien zu, aber bei einer die ich kenne ist die Situation genau wie beschrieben. Das einzige was sie haben ist ein Generator, der eingeschaltet wird um Musik zu hören oder Fernseher zu schauen. Das Wasser muss man aus dem Brunnen schöpfen. Sie sind sicher nicht arm, leben aber in einfachen Verhältnissen. Wenn keine Wasserrohre oder Stromkabel zum Haus führen, hat man halt keine andere Wahl.
Die Madagassen essen dreimal täglich Reis, als Beilagen gibts Gemüse und bei denen, die es sich leisten können, Fleisch. Die Beilagen kommen entweder aus dem eigenen Garten und Stall, oder vom Markt. Zum Dessert oder für zwischendurch gibt es Früchte, welche je nach Saison variieren und manchmal was Süsses aus dem Laden.

Nun zur Frage, wie ich damit zurechtkomme. An das Bild bettelnder Leute gewöhnt man sich, was allerdings nicht heisst, dass es mir gleichgültig geworden ist! Das Problem ist, dass man nicht allzuviel dagegen unternehmen kann. Klar, man kann ihnen Geld oder etwas zu Essen geben, aber am nächsten Tag haben sie wieder die gleichen Sorgen. Oder man spendet einer wohltätigen Organisation etwas Geld, somit lindert man wenigstens das Leid einiger Personen. Aber solange die Regierung nichts dagegen unternimmt, bleibt das Problem bestehen. Das ist das Traurige an vielen Ländern Afrikas: die Präsidenten und Minister wollen sich und ihre Familien bereichern, solange sie im Amt sind und das Volk - ihr Volk! - geht dabei vor die Hunde.

Was das einfache Leben betrifft, dazu muss ich ein bisschen ausholen: es ist so, dass die internationalen Arbeiter und Freiwilligen der MAF in schönen Häusern mit fliessendem Wasser, Strom, Putzfrau, Gärtner und allem Drum und Dran wohnen. Überspitzt gesagt, hier in Madagaskar wohne ich besser als jeder Durchschnittsschweizer. Wer hat denn schon eine Putzfrau oder einen Gärtner zu Hause? Aber natürlich ist es daheim immer noch am schönsten :-).
Zurück zum Thema: nennt mich einen Spinner, aber ich habe eher Mühe mit diesem protzigen als mit dem einfachen Leben. Stellt euch vor, ihr lebt in einem Haus mit Gittern vor den Fenstern, einem Zaun ums Haus und einer Mauer ums Quartier, welches von Wächtern bewacht wird. Dann nehmt ihr das Auto, um zur Arbeit und zurück zu fahren und am Ende des Tages fragt ihr euch, wie viel ihr heute eigentlich von der madagassischen Kultur mitbekommen habt und müsst euch eingestehen, dass das Erlebte gegen Null geht. Ist doch deprimierend, oder nicht? Bin ich denn in dieses Land gekommen, um so zu leben wie zu Hause? Nein, denn dann hätte ich genau so gut dort bleiben können.
Dies ist etwas, was mich von Anfang an gestört hat und ich habe schon früh beschlossen, dass ich nicht das ganze Jahr so verbringen werde. Mehr dazu aber im nächsten Bericht, sonst gehen mir plötzlich noch die Stories aus :-).

Fortsetzung folgt...

4 Kommentare:

  1. Hallo Matthias
    Danke für deinen nicht einfachen Bericht. Wie du beschreibst, leben die Menschen mit dem was sie haben. Du hast vollkommen recht, dass es vermessen wäre zu urteilen ob sie nun glücklich sind oder nicht. Du beschreibst es sehr treffend, dass sich die "Mächtigen" immer zuerst bedienen. Das Schlimmste dabei ist, dass sie immer die Armut der Menschen vorschieben um sich selber bereichern zu können. Was deine Wohnsituation anbelangt, kann ich mir gut vorstellen das diese dir nicht behagt. Jedoch hoffe ich das du dein zuhause (also hier in Heitiwil), nicht als einschränkend oder besser gesagt als "eingezäunt" empfindest. Zur richtigen Zeit wirst du sicherlich das für dich angenehmste Zuhause finden. Ich wünsche dir weiterhin viele Eindrücke und mehr solcher Berichte. Häb Sorg zu dir! Mami

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  2. Nein, unser Haus in Heitiwil ist ja alles andere als eingezäunt...

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  3. Tschau Matthias
    Gratulation – ganz starker Bericht.
    Ich bewundere deine journalistischen Fähigkeiten. So gesehen bin ich überzeugt, dass auch die „Freiburger Nachrichten“ und ihre Leser an solchen Stories interessiert wären. Ich habe dich bereits einmal darauf angesprochen, überleg es dir.
    Wenn ich dich recht interpretiere, würdest du es vorziehen, in einfacheren Verhältnissen zu wohnen. Das ist schon OK aber vergiss nicht, dass du von den Einheimischen die dich nicht kennen als wohlhabender Weisser angesehen wirst bei dem es etwas zu holen gibt.
    Na ja, vielleicht sehe ich etwas zu schwarz, aber so sind sie eben die Eltern. Ich bitte dich einfach – häb sorg zu dir.
    So – genug gepredigt. Wir sind bereits gespannt auf deine nächsten Stories.
    Liebe Grüsse
    Papi & Ursula

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  4. halo,

    hehe, grad übertriibe wiimer nid :-)

    da heschu scho rächt. aber i würdi ja o nid ifach zu iergend eperum ga wohne...

    mau gugge

    bis baud

    matthias

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